Selbstständige: Mit Hartz IV durch die Corona-Krise

Selbstständige: Mit Hartz IV durch die Corona-Krise
Anträge

Zusammengefasst:

  • Auch hohe Wohnkosten werden akzeptiert
  • Vermögensprüfung weitgehend vereinfacht
  • Sicherheit über bewilligte Leistung

Selbstständige, die in Finanznot geraten sind, können Arbeitslosengeld II beziehen.

Aufgrund der Corona-Krise sollen die Zugangsvoraussetzungen kurzfristig erleichtert werden.

Die Höhe des Arbeitslosengelds II hängt von Bedarf und Einkommen ab.

Selbstständige in Finanznot können Arbeitslosengeld II erhalten.
Auch bislang recht gut situierte Selbstständige geraten durch die Corona-Krise in echte Not. Sie haben weder Anspruch auf Arbeitslosengeld noch auf Kurzarbeitergeld. Deshalb werden besonders für sie die Voraussetzungen für den Hartz-IV-Bezug erleichtert. Die Neuregelungen sind nach der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt am 28. März in Kraft getreten.

Ein Friseur, der Corona-bedingt schließen musste, kann mit seinen Beschäftigten – wenn er solche hat – Kurzarbeit vereinbaren. Diese sind dann durch Kurzarbeitergeld – zumindest auf niedrigem Niveau – abgesichert. Für den Friseurmeister selbst sieht es mau aus. Helfen kann hier allerdings das Jobcenter. Denn Arbeitslosengeld II (meist Hartz IV genannt) steht Selbstständigen genauso wie Arbeitnehmern zu. Die Bedingungen für diese Leistungen werden zunächst bis zum 30. Juni 2020 erleichtert.

Auch hohe Wohnkosten werden akzeptiert
Nehmen wir an, der Friseur hat in München einen bislang gut laufenden Salon und konnte sich seine Wohnung in der Innenstadt, für die er monatlich 2.000 Euro Warmmiete zahlen musste, bequem leisten. Jetzt bringt ihn die Miete schnell in Existenznöte. Die Miete kann nun – auch wenn sie nach den örtlichen Regelungen als unangemessen hoch gilt – vom Jobcenter voll als notwendige Ausgabe anerkannt werden und somit übernommen werden. Das gilt für sechs Monate. Wenn sich nach diesen sechs Monaten die Situation des Betroffenen noch nicht nachhaltig geändert hat, kann er weiterhin Hartz IV erhalten und hat mindestens sechs Monate Zeit, sich eine billigere Wohnung zu suchen.

Vermögensprüfung weitgehend vereinfacht
Besonders gefürchtet ist bei Hartz IV die detaillierte Vermögensprüfung. Selbstständige könnten dabei beispielsweise gezwungen sein, Rücklagen fürs Alter zunächst aufzubrauchen. Dann wäre ihre aktuelle Existenz gesichert, aber ihre Alterssicherung futsch. Jetzt ist das Vorlegen detaillierter Unterlagen vorübergehend nicht mehr nötig. Es gilt ein vereinfachtes Verfahren.

Für neue Anträge auf Hartz IV wird (rückwirkend) vom 1. März bis zum 30. Juni 2020 nun „Vermögen für die Dauer von sechs Monaten nicht berücksichtigt“ – sofern das Vermögen nicht „erheblich“ ist. Das regelt nun Paragraf 67 des zweiten Sozialgesetzbuchs. Dabei „vermuten“ die Jobcenter, „dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt“. Dieses vereinfachte Verfahren soll insbesondere Solo-Selbstständigen und Kleinunternehmern zum erleichterten Zugang zu Hartz-IV-Leistungen verhelfen. Aber auch Arbeitnehmer/innen, die nun – etwa wegen Kurzarbeit – auf ergänzende Grundsicherungsleistungen angewiesen sind, können davon profitieren.

Sicherheit über bewilligte Leistung
Arbeitslosengeld II wird Selbständigen bislang in der Regel nur vorläufig bewilligt, da ja meist nicht klar ist, wie sich ihr Einkommen in der nächsten Zeit entwickeln wird. Abgerechnet wird erst später nach Vorliegen der Betriebsergebnisse.

Dieses Verfahren soll nun vorübergehend ausgesetzt werden. Auch das ist in Paragraf 67 SGB II geregelt. Generell können sich nun auch Selbstständige darauf verlassen, dass die ihnen einmal bewilligte Leistung später nicht mehr gekürzt wird. Dabei soll „in Bezug auf die prognostizierten Verhältnisse eine vereinfachte Plausibilitätsprüfung erfolgen, um eine möglichst schnelle und unbürokratische Leistungsbewilligung zu gewährleisten“.

„Nachschlag“ weiterhin möglich: Umgekehrt können die Betroffenen nach dem Ende des Bewilligungszeitraums nach wie vor belegen, dass sich ihre finanzielle Situation doch schlechter entwickelt hat, als zunächst prognostiziert. In diesem Fall können die ALG-II-Bezieher eine „abschließende Entscheidung beantragen“. Gegebenenfalls kann dann Hartz IV nachgezahlt werden.

Gewerbe fortführen: Friseure müssen derzeit ihren Betrieb vorübergehend schließen, bei zahlreichen anderen Selbstständigen gibt es „nur“ einen Gewinneinbruch. Wichtig zu wissen ist in jedem Fall: Kein Selbstständiger muss sein Gewerbe abmelden, um ALG II zu erhalten. Die Tätigkeit kann auch während des Leistungsbezugs weitergeführt werden – ohne jede Einschränkung. Die Einkünfte aus der selbstständigen Tätigkeit werden allerdings auf das ALG II angerechnet.

Quelle: https://www.biallo.de/soziales/news/selbststaendige-mit-hartz-iv-durch-die-corona-krise/

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